Wissenswertes zur Parkinson-Impfung
Vortrag vom 15.9.2015, Privatkrankenanstalt Confraternität, 1080 Wien, Skodagasse 32
Vortragender: Primarius Dr. Dieter Volc
Protokoll: Renate Lemanski
Ein Überblick über die momentanen Forschungsansätze in der Parkinson Therapie
Wenn man die derzeit unterschiedlichen Denkansätze zur Parkinson Therapie vergleicht, zeigt sich, dass bei der konventionellen Therapie (Tabletten, Pflaster, Pumpensystemen) in den nächsten Jahren zwar mit Verbesserungen in der Anwendung zu rechnen ist, die den Betroffenen das Leben erleichtern werden, aber große Neuerungen sind nicht zu erwarten.
Ehe man – als einem neuen Denkansatz – anwendbare Resultate von der Gentherapie erwarten kann, werden wahrscheinlich noch viele Jahre vergehen.
Die anfangs als eine rasch umzusetzende Therapiemöglichkeit in Betracht gezogene Transplantation hat die in sie gesetzten Erwartungen leider nicht erfüllt. Die Forschung geht dabei noch einen Schritt voraus und zwei zurück.
Die bereits in klinischer Erprobung befindliche Parkinson-Impfung hingegen hat das Potential den gleichfalls neuen Denkansatz in absehbarer Zeit (etwa 8- 10 Jahren) auch zu einer neuen Therapieform werden zu lassen.
Die Parkinson Impfung :
Die Idee der Impfung beruht auf den Forschungsergebnissen, die einen bestimmten Eiweißstoff, das „alpha Synuclein protein“, als einen der möglichen Auslöser für Parkinson erkannt hat. Dieses Protein tritt in in einer typischen Faltung auf und ist in dieser Form besonders wichtig, wenn es jedoch zu einer Missfaltung des Proteins kommt, die in weiterer Folge zu einer Verklumpung des Proteins führt, dann entsteht ein schädliches, Parkinson auslösendes Protein, das „missgefaltete alpha Synuklein“. Es entsteht etwas, das einem Prion (= vergleichbar einem Virus) ähnlich und somit auch übertragbar ist. Allerdings nicht von Mensch zu Mensch, sondern als Übertragung auf die Nachbarzellen im Gehirn. Eine Anhäufung dieser Prionen in den Zellen lösen gleichermaßen Entzündungs- und Vergiftungsprozesse aus. Warum, wo genau und wie es zu dieser Missfaltung kommt, ist bisher noch nicht erforscht.
Diese neuen Erkenntnisse dienten als Grundlage zu einem neuen Denkansatz und daraus resultierend zum Versuch mit einer Impfung in das Geschehen einzugreifen.
Impfungen allgemein haben zwei mögliche Wirkformen
aktiv > sofort wirksam
passiv > protektiv wirksam.
Bei der in Österreich entwickelten Parkinson Impfung handelt es sich um die protektive, also schützende Variante. Die optimale Wirksamkeit dieser Methode wird zum Teil auch durch die Früherkennung der Krankheit bestimmt werden (Biomarker im Blut), die aber zurzeit noch reine Zukunftsmusik ist.
Die Impfstudie:
Allgemein
Jeder klinischen Studie liegen gleiche, genormte Ausgangbedingungen zu Grunde. Es handelt sich um eine Patienten-Gruppe, mit einem ausgewogenen Männer und Frauenanteil, die hinsichtlich ihres Alters und ihres Krankheitsfortschritts, aber auch nach dem sonstigen, möglichst guten Allgemeinzustand ausgewählt wird.
Es gibt zwei Patientengruppen, die mit dem gleichen Medikament, aber in unterschiedlicher Stärke, behandelt werden und einer Kontrollgruppe, die mit einem Placebo (= wirkungsloses Scheinmedikament) behandelt wird. Welcher Patient welcher Gruppe angehört weiß auch der Neurologe nicht. Der Fachausdruck dafür, den sie sicher schon gehört haben ist Doppel-Blindstudie.
Ehe ein Medikament bei den Patienten ankommt, muss es eine lange Reihe von klinischen Tests durchlaufen. Die ersten Versuche werden immer mit Tieren durchgeführt. Erst wenn es dabei gute Resultate gibt, werden Menschen zu Studienzwecken eingeschaltet.
Studienverlauf:
In der Phase 1
wird mit einer kleinen Gruppe von Betroffenen – 30-60 Personen – erforscht, wie das Medikament von den Patienten überhaupt toleriert wird und welche Nebenwirkungen eventuell in der Gruppe auftreten.
In der Phase 2
werden bis zu 300 Patienten nach dem gleichen Muster wie die Phase 1 Gruppe getestet und noch zusätzlich dabei versucht die richtige Dosierung zu finden
In der Phase 3
handelt es sich bereits um eine Großgruppe von etwa 2000 Patienten, die überprüft wird
Jede Testreihe dauert 1 Jahr und umfasst
- die Voruntersuchung
- die Kontrolluntersuchungen
- die Impfungen
- Nachkontrolle
Ein ganzes Team von Neurologen und anderen Fachärzten überprüft nach Abschluss einer Testphase die Ergebnisse der Studien und wertet zusätzlich alle Ergebnisse auch noch unter anderen Gesichtspunkten aus. Ein sehr zeitintensives und zusätzlich auch noch ein sehr kostenintensives Unterfangen.
Eine Testreihe kostet etwa 2,5 Millionen Euro.
Bis zum Abschluss der Testserie und einer Freigabe zum Verkauf des Medikaments fallen Kosten von bis zu 2,5 Milliarden Euro an. Diese Mittel aufzubringen verlangt mehrerer Sponsoren und jede abgeschlossene Testserie bedeutet nicht automatisch, dass es neue Geldmittel für die nächste Phase geben wird. Das erklärt, warum es so lange dauert, ehe ein neues Medikament bei den Betroffenen zur Anwendung kommen kann.
Die Parkinson-Impfung – Studie AFF008 mit dem Impfstoff PD01A
Ausgewählt wurden insgesamt 32 Personen beiderlei Geschlechts der Altersgruppe 45 – 65, unter Ausschluss sonstiger Krankheiten, und jeder Testperson musste ein bereuender Angehöriger zur Seite stehen.
Die Patienten erhielten 4 Impfungen in monatlichen Abständen über ein Jahr verteilt und wurden insgesamt über ein Jahr regelmäßig untersucht. Bei einer Gruppe wurde der Wirkstoff in einer Dosierung von 15 Mikrogramm verabreicht, bei der zweiten Gruppe wurde die Dosierung von 75 Mikrogramm gewählt. Die 3. Gruppe wurde nicht geimpft. Bei den Geimpften gab es im Rahmen der Studie AFF008E eine einjährige Nachbeobachtungsphase und daran anschließend in der Studie AFF008A eine einmalige Auffrischungsimpfung nach einem Jahr.
Alle 32 Studienteilnehmer konnten die Phase 1 zu Ende führen, niemand hatte größere Nebenwirkungen, einige jedoch hatten vorübergehend nach der Impfung lokale Hautreizungen – wie das bei anderen Impfungen auch üblich ist.
Es konnte keine Verschlechterung bei der körpereigenen Abwehr festgestellt werden und Blutkontrollen ergaben, dass beide geimpften Gruppen, gleichgültig mit welcher Dosierung, von der Impfung gegenüber der nicht geimpften Kontrollgruppe profitiert hatten. 15 von 24 Patienten konnten nicht nur subjektive, sondern auch im Bluttest deutlich nachweisbare Verbesserungen aufweisen. Diese Responder zeigten in der Immunantwort gemessen im Serum und im Befinden deutlich bessere Werte.
AFF008 ist abgeschlossen und derzeit läuft die zweite Studie unter dem Titel AFF011 mit dem Impfstoff PD03A
In Österreich beteiligen sich die Universitätsklinik in Innsbruck und die Privatklinik Confraternität mit diesem Forschungsprojekt. In Frankreich wird der Impfstoff an der Morbus Parkinson artverwandten Krankheit MSA (= multisystem Athrophie) erforscht.
Für eine ganz andere Testreihe, in Phase 3, werden PatientInnen gesucht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Betroffenen die an starken Dyskinesien (= überschießenden Bewegungen) leiden. Es handelt sich hier nicht um eine Impfung, sondern um eine konventionelle Therapie mit Kapseln, die einmal täglich geschluckt werden müssen.