Nützliche Tipps zur Verbesserung des Wohlbefindens im Alltag

anlässlich des Jour-Fixe der Parkinson Selbsthilfe Wien, 15. November 2011

Vortragende:  Dr. Karin Kalteis, Neuropsychologin und Psychotherapeutin, mit eigener Praxis

Protokoll: Renate Lemanski

Bei vielen Menschen kommt es in den Herbst- und Wintermonaten häufig zu depressiven Verstimmungen. Frau Dr. Kalteis ersucht die Anwesenden, sich Gedanken zu machen, was das Wohlbefinden positiv/ negativ beeinflusst und gemeinsam zu erarbeiten, was hilft, aus so einer Stimmung wieder heraus zu kommen.

Negative Gefühle werden erzeugt durch:

  • Wetterabhängigkeit  – fehlender Sonnenschein
  • Schlafqualität – Müdigkeit
  • Schmerzen
  • Sorgen – finanzielle Probleme
  • Partnerschaft – überforderter Partner
  • Schwierigkeiten, die sich durch die Verlangsamung ergeben
  • Beziehungen zu Freunden und Bekannten – sie können auch negativ sein

 Positive Gefühle werden gefördert durch:

  • Sportliche Betätigung
  • Musik – hören oder selbst ein Instrument spielen
  • Lesen
  • Beschäftigung mit einem Haustier
  • Engagement für Andere  – z.B.: Mitarbeit in der SH-Gruppe
  • Vorfreude auf angenehme Ereignisse
  • Hobbys – z.B. Geschichten und Gedichte mit positivem Inhalt schreiben, künstlerische/handwerkliche Betätigung, Tanzen, die Verbindung von Bewegung und Gesellschaft (z. B. Mitglied werden in Sportvereinen)
  • Ausflüge, Reisen, Urlaub,
  • Kontakte zur Familie und Freunden
  • Glaube und Religion
  • Hilfreiche Therapie

Die Grundvoraussetzung für eine positive Lebenseinstellung ist in jedem Fall die Akzeptanz der Krankheit und das damit verbundene Outen gegenüber Freunden und Bekannten.

Wodurch unterscheidet sich eine depressive Verstimmung von einer Depression? 

Durch ihre zeitliche Dauer. Depressive Verstimmungen sind kurzzeitig, eine Depression dauert lange und sollte unbedingt therapeutisch und/oder medikamentös von einer Fachärztin behandelt werden. Sie beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität des Betroffenen, sondern auch die seines Partners. Der Betroffene kann alles nur noch negativ sehen. Der Rückzug von der Gesellschaft ermöglicht kein positives Feedback.

Negative Grundgedanken können entstehen durch:

  • Kontrollverlust  – das Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmächtigkeit dem Fortschreiten der Krankheit gegenüber, der durch die Bewegungseinschränkung ausgelöst und verstärkt wird
  • Antriebsschwäche – der Hang dazu Dinge auf später zu verschieben
  • In der ON-Phase Versäumtes nachholen wollen und sich so überlasten

 Positive Gegenstrategien:

  • Durch Aktivität wieder in gute Stimmung kommen
  • Sich nicht überlasten
  • Gesellschaftliche Kontakte aufnehmen und regelmäßig pflegen
  • Positive Aktivitäten planen und durchführen
  • Einen Tagesplan machen und dabei die ON-Phasen bewusst für Aktivitäten nützen
  • Auch kleine Dinge genießen – z.B. ein Stück Kuchen mit bewusster Freude essen
  • Einem Verein beitreten – sozialer Kontakt zu anderen Menschen in Verbindung mit sportlicher Herausforderung
  • Neue Herausforderungen und Ziele suchen, wenn bisherige Tätigkeiten und Hobbys durch den Krankheitsverlauf nicht mehr ausgeführt werden können
  • Sich zumindest 20 min. täglich Bewegung verschaffen – wer sparen muss: ein Spaziergang in der Natur kostet nichts

 Ganz wichtig: kein Selbstmitleid aufkommen lassen!

Da Stress für Parkinson- PatientInnen immer zu einer Verschlechterung ihres Zustands führt, sollte man  ein Entspannungsritual erlernen und einüben, das man bei Bedarf anwenden kann und das einem hilft, mit innerer Unruhe, Angst und Stress besser umzugehen.

Der richte Zeitpunkt zum Einüben dieses Rituals ist abends im Bett. Wenn man die Technik einmal beherrscht, kann man jeden Ort an dem man sich gerade befindet zur Entspannung nützen.

Man beginnt damit, den Tagesablauf rückblickend zu betrachten und sich 3 Dinge zu merken, die positiv waren und für die man dankbar ist.

Ihre konkrete Entspannungsübung könnte so aussehen:

Sie nehmen eine angenehme Position ein und schließen die Augen.

Sie wählen in Gedanken einen Ort, an dem sie sich wohlfühlen – das kann ein Ort sein, den man in der Realität mit einer angenehmen Erinnerung verbindet, aber auch ein erfundener Ort, der sogar auf einem anderen Planeten gelegen sein könnte.

Man versucht sich ein ausführliches Bild dieses Ortes vor dem inneren Auge zu erzeugen – das kann das Meer, ein See, ein Wald, eine Blumenwiese oder etwas ganz Anderes sein.

Stellen sie sich jetzt eine Szene vor die ihnen persönlich besonders angenehm ist. Welche Bilder sehen sie? Welches Bild verbinden sie am besten mit den Begriffen:  Ruhe, Wohlfühlen und Geborgenheit? Jeder Gedanke der ihnen beim Suchen kommt ist erlaubt und sollte angenommen werden. Welche Farben finden sie angenehm? Welche Geräusche können sie hören (z.B. Vogelstimmen, Meeresrauschen)? Können sie auch Gerüche wahrnehmen? Welcher Duft löst angenehme Empfindungen bei ihnen aus? Spüren sie einen Lufthauch auf der Haut?  Spüren sie einen angenehmen Geschmack auf der Zunge?  Was fehlt ihnen jetzt noch? Ergänzen sie das so bereits entstanden Bild vor ihrem geistigen Auge nach ihren persönlichen Bedürfnissen. Wie würden sie das Bild nennen? Fällt ihnen dazu eine Gedicht- oder Liedzeile ein? Wenn sie sich jetzt ein Erinnerungsstück von diesem Bild in den Alltag mitnehmen könnten, was würden sie wählen? Der Gedanke an dieses mitgenommene Erinnerungsstück wird ihnen dann – wie ein Schlüssel zu einer Tür –  immer helfen, in den entspannten Zustand zurück zu finden.

Es gibt diesen Ort der Entspannung in ihnen, sie können ihn immer aufsuchen, wenn sie es möchten/brauchen. Genießen sie diesen Gedanken – er macht sie frei und unabhängig! Bleiben sie so lange wie sie möchten an ihrem Wohlfühlort und genießen sie ihn mit allen Sinnen.

Den Rückweg in den Alltag sollten sie langsam, ihrem eigenen Tempo entsprechend, machen. Wenn sie die Übung im Sitzen gemacht haben, dann spüren sie jetzt ganz bewusst ihre Füße fest am Boden stehen, ihre Beine und den Po am Sessel. Den Rücken an der Stuhllehne. Ihre Arme und Hände, die Schultern, den Hals und den Kopf. Jetzt können sie die Augen wieder öffnen. Sie können – nach Belieben-  in das Rückkehr-Ritual auch die Berührung eines Körperteils (z.B. Handrücken) für sich einbauen.

Diese Entspannungsübung ist auch ein gutes Einschlafritual und hilft das „Mühlrad“ der negativen Gedanken im Kopf zu verdrängen.

Man kann diese Übung einfach nach diesen Angaben durchführen und einüben, es ist jedoch auch möglich, sich dabei von angenehmer Musik begleiten zu lassen.

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