Gibt es Einflüsse von Parkinson auf die Persönlichkeit des Betroffenen?
Diese Frage wird so immer wieder von Betroffenen und ihren Angehörigen gestellt und ist nicht leicht zu beantworten.
Es besteht nämlich ein großer Unterschied ob man über Persönlichkeit, Persönlichkeitsstörungen oder Emotionalität spricht.
Wenn man über Persönlichkeit spricht ist es fast unvermeidlich bei der Philosophie zu landen. Hier wurde nämlich immer schon diskutiert, was uns als Individuum und damit auch als Persönlichkeit ausmacht (zB John Locke, Immanuel Kant). Auch von Neurologen wurde in der Vergangenheit versucht eine Brücke zwischen der Persönlichkeit des einzelnen und der Parkinson Erkrankung zu entdecken.
Diese Theorien beschrieben zum Beispiel dass Menschen mit gewissen Persönlichkeitszügen (sportlich, genau, anhedonistisch) eher in ihrem Leben an Parkinson erkranken als jene die diese Kombination von Eigenschaften nicht haben. 1951 wurde von Prichard sogar die These erstellt, dass chronisch emotionaler Streß chemische Veränderungen im Gehirn erzeugen und so Menschen prädisponiert an Parkinson zu erkranken.
Alle diese Theorien haben mit der Parkinson Forschung der letzten Jahre sehr viel an Bedeutung eingebüßt. Man konnte nämlich nachweisen, dass Parkinson sehr viele Jahre früher beginnt als die Kardinalsymptome wie Tremor sichtbar werden. Diese Frühphase ist typischerweise von depressiven Verstimmungen, Verdauungsproblemen und unspezifischen Schmerzen begleitet und ist sicher jene emotionale Phase die früher als Persönlichkeit vor dem Krankheitsausbruch beschrieben wurde.
Was ist nun jene Emotionalität die Parkinson-Betroffene so oft an sich bemerken und die auch sehr oft zu Konflikten mit dem Umfeld führen?
Hier weiß man, dass Parkinson im Krankheitsverlauf nicht nur jene Hirnareale betrifft, die für die Steuerung unserer Emotionen verantwortlich sind, sondern auch jene die es uns ermöglicht Emotionen bei anderen zu erkennen. Daher ist vieles, das absichtlich wirkt, nicht immer unbedingt so gedacht. Oder anders formuliert, wenn zum Beispiel die Stimmung sich rasch ändert, dann muss dass nicht zwangsläufig mit der Situation oder dem Gegenüber zu tun haben.
Auch manche Medikamente, die in der Behandlung von Parkinson verwendet werden, können dazu führen, dass Impulsen rascher und auch unbewusster nachgegangen wird (Sexualität, Glücksspiel, Einkaufen). Die Kommunikation vom Arzt, dass diese Situationen auftreten können und Teil der Erkrankung sind und die Kommunikation der Betroffenen/ Angehörigen wenn sich derartige Probleme zu ergeben beginnen, ist daher eine äußerst wichtige Basis der Parkinsontherapie.
Von Persönlichkeitsstörungen sollte man in Zusammenhang mit Parkinson eigentlich nicht sprechen, da diese klar definierte psychiatrische Krankheitsbilder (Zwangserkrankungen, soziale Anpassungsstörungen) sind, die auch eine wesentlich andere Behandlung erfordern.
In wie weit Parkinson die Persönlichkeit beeinflussen kann oder jede Erkrankung Teil unserer Persönlichkeit ist und uns als Menschen ausmacht, können wir sicherlich sehr lange und unter sehr vielen Gesichts- / Anschauungspunkten diskutieren. Das wichtigste ist es aber über Emotionen zu sprechen und sich bewusst zu sein beziehungsweise auch anderen bewusst zu machen, dass Parkinson wesentlich mehr ist als Zittern und Verlangsamung.
Dr. Ronald Saurugg – Oberarzt an der Abteilung für Neurologie AöKH Oberwart – Wahlarzt für Neurologie in Hartberg