Ernährungstherapie bei Morbus Parkinson

Vortragende: Elisabeth Auer, Diaetologin

Protokoll:  Renate Lemanski

Frau Auer berichtet, dass sie in verschiedenen Einrichtungen tätig war und sich dabei auf neurologische und psychiatrische Krankheiten spezialisiert hat.  Morbus Parkinson und die spezifischen Probleme der Betroffenen, die mit dieser Krankheit einhergehen, sind ihr also bestens vertraut.

Vorweg muss gesagt werden, dass es keine Ernährung gibt, die die Krankheit heilen kann, aber entsprechende ernährungstherapeutische Maßnahmen können PatientInnen helfen,  die Lebensqualität zu verbessern und die Freude am Essen – Essen sollte nicht nur eine Notwendigkeit, sondern immer auch Genuss sein! –  wieder erfahrbar zu machen.

Häufige Begleiterkrankungen und Symptome sind bei Parkinson oft depressive Verstimmungen, Antriebslosigkeit, Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Verdauungsprobleme, aber auch die Kardinalsymptome wie Akinese, Rigor und Tremor können beim Essen Probleme machen. Es gibt im Fachhandel  eine Reihe von Hilfsmitteln, wie z.B. spezielles Besteck und rutschhemmende Unterlagen, die die Nahrungsaufnahme bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf besonders für  PatientInnen die unter Akinese, Dyskinesien und Tremor leiden, erleichtern. 

Essen kann also aus den verschiedensten Gründen mit der Zeit mühsam werden. Vermindertes Geschmacks- und Geruchsempfinden, aber auch Probleme mit dem Speichelfluss (zu viel/ zu wenig) und Schluckstörungen, können die Nahrungsaufnahme für die Betroffenen zur Schwerarbeit werden lassen. Daraus kann dann leicht eine Mangelernährung entstehen und daher ist besonders in solchen Fällen auf einen ausgewogenen, abwechslungsreichen Speisenplan zu achten, damit die notwendige Energiezufuhr trotzdem gewährleistet ist. Mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt, sind in solchen Fällen besonders empfehlenswert um die PatientInnen durch die Nahrungsaufnahme  nicht zu ermüden und dazu zu verleiten, zu früh mit dem Essen aufzuhören und deshalb nicht ausreichend satt zu werden. Mangelernährung schwächt das Immunsystem und fördert das Entstehen von Druckstellen auf der Haut (Dekubitus).

Auch auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist zu achten. Über den Tag verteilt sollte man etwa 2 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. Das erscheint vielen als zu viel und schwierig einzuhalten, aber zum Kaffee (maximal 2 Tassen täglich) ein Glas Wasser trinken und Suppen, Obst- und Gemüsesäfte oder Früchte-/Kräutertees einberechnen und die anfangs als zu groß erscheinende Menge wird bald erreicht. Man sollte bedenken, dass der Körper im Alter automatisch Flüssigkeit verliert und daher ist es so wichtig, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen, damit es zu keiner Unterversorgung kommt.

Bei Alkohol ist allerdings Vorsicht geboten. Es kann zu Wechselwirkungen mit den Medikamenten kommen, aber gegen ein Gläschen Sekt, Bier oder Wein bei besonderen Anlässen ist nichts Negatives zu sagen.

Wie unsere Nahrung aufgebaut ist und welchen Nährwert die einzelnen Gruppen haben:

 Kohlenhydrate sind die wichtigsten Energielieferanten und bieten die für die Verdauung so wichtigen Ballaststoffe sowie Vitamine und Mineralstoffe.

Kohlenhydrate befinden sich in ausreichender Menge in allen Getreideprodukten, Korn, Haferflocken, feinvermahlenen  (besser verdaulich!) Vollkornprodukten, Erdäpfeln, Hülsenfrüchten (wie Linsen, Bohnen, Erbsen, Kichererbsen, Sojabohnen), die sie in größeren Mengen zu sich nehmen sollten. Dinkel und Dinkelprodukte sind sehr empfehlenswert.

Dazu kommen dann 5 Portionen frisches Obst und Gemüse (bitte auf frische Produkte aus ihrer Region achten).  Eine Portion entspricht dabei immer einer Handvoll, oder einem Schöpfer. Sie können auch in Form von Obst- und Gemüsesäften variiert und konsumiert werden.

Süßigkeiten sollten dagegen nicht zu oft auf dem Speisenplan stehen.

Eiweiß ist wichtig für den Aufbau und die Zellerneuerung des Gewebes.

Man sollte darauf achten, dass 2/3 aus pflanzlichem Eiweiß (Vollkorn, Hülsenfrüchte Sojaprodukte)  und nur 1/3 aus tierischem Eiweiß (Fleisch, Fisch, Ei, Milch, Milchprodukte) bestehen. Fleisch sollte man 2x die Woche zu sich nehmen, wobei eine Portion von ca. 12-15 dkg (rohes Fleisch betreffend) die richtige Menge darstellt. Bevorzugt solle Fleisch von österreichischen Bauern gekauft werden, bei denen eine artgerechte Tierhaltung erfolgt. (Bessere Kontrolle der Einrichtungen)

Fische sollten möglichst aus heimischen Gewässern stammen.

Bei Milch gilt, bei geringen Mengen sollte man normale Milch verwenden, erst ab 1l pro Tag ist fettarmer Milch der Vorzug zu geben. Die als „länger frisch“ gekennzeichnete Milch ist vollwertig, weil sie nicht ultraerhitzt, sondern nur mehrere Filterschichten durchläuft und so die Keimanzahl  reduziert wird. Auch bei Käse kann man ruhig zu Produkten mit der Bezeichnung 45%  F. i. T. greifen.

Bei Geflügel bitte dem Huhn den Vorzug vor der Pute geben. Putenfleisch ist durch Antistresshormone, welche die „nervösen“ Tiere in ihr Futter bekommen, stärker belastet.

Wurstwaren sollte man nicht in größeren Mengen zu sich nehmen, weil sie meist stark glutamathaltig sind. Glutamat ist ein Geschmacksverstärker, der häufig auch in Fertigmahlzeiten und in chinesischen Gerichten, aber auch in Snacks und Chips enthalten ist. Achten sie auf die E-Nummern 620-625 bei den Zutatenangaben und vermeiden sie diese nach Möglichkeit. Die so angereicherten Speisen steigern den Appetit und verleiten dazu mehr zu essen als man braucht und davon wird man dick.

Bezüglich der Zubereitung von Speisen in der Mikrowelle ist zu beachten: Das Auftauen und Erwärmen von Speisen ist unbedenklich, aber zum Kochen sollte man die Mikrowelle nicht verwenden.

Wichtig: Bitte beachten sie auch, dass man eiweißhaltige Produkte nicht gleichzeitig mit den Medikamenten zu sich nehmen soll, weil dadurch die Medikamentenaufnahme im Körper beeinträchtigt werden kann. L-Dopa-Präparate sollten daher ein halbe Stunde vor dem Essen, oder eineinhalb Stunden danach genommen werden. Damit die Medikamente besser „rutschen“ also kein Joghurt, sondern z.B. ein Apfelmus verwenden, das erfüllt den gleichen Zweck und schadet bei der Medikamentenaufnahme nicht.

Fett enthält doppelt so viel Energie als Kohlenhydrate oder Eiweiß.

Bei Fetten sollte man bevorzugt pflanzlich Fette verwenden (z.B. Lein-, Raps-, Sonnenblumen-, Oliven-, Walnussöl). Auf Butter muss man nicht verzichten, aber man sollte sie sparsam, also in kleinen Mengen verwenden.

Hilfreiche Tipps bei verschiedenen parkinsonbedingten Störungen:

Mangelndes Geschmacksempfinden:

Wenn das Essen als „fad“ empfunden wird, greift man gerne zum Salzstreuer und das führt dann häufig zu einem zu hohen Salzkonsum. Um das Geschmacksempfinden anzuregen, ist der Einsatz von Küchenkräutern viel sinnvoller. Petersilie und Schnittlauch sind bekannt, aber es gibt noch viel mehr. 

Schluckstörungen (Dysphagie):

Die Betroffenen klagen häufig, dass es bei Flüssigkeiten, flüssigen, oder bröseligen Speisen zum Verschlucken kommt. Sie müssen also die Konsistenz der Gerichte ihren Bedürfnissen anpassen.  Es gibt Dickungsmittel, die nicht nur in Speisen, sondern sogar im Trinkwasser aufgelöst werden können und so das Schlucken erleichtern. Wichtig ist auch Speisen mit gleicher Konsistenz zu verwenden. Also z.B. keine klare Suppe mit einer festen Einlage = Nudelsuppe, Grießnockerlsuppe usw. Die flüssigen Speisen haben eine rasche Fließeigenschaft, die festen bleiben dagegen im Mund und so kommt es zum Verschlucken.

Zum Eindicken können sie folgende Mittel verwenden: Resource clear, ThickenUp clear, oder Nutilis  aus der Apotheke verwenden.

Tipp: ThickenUp Resource clear schmeckt am besten.

Auch hilfreich: statt klarer Suppen, eingedickte Cremesuppen anbieten.

Mundtrockenheit (Xerostomie):

Hilfreich sind:

  • Energiearme Getränke wie Kräuter-/ Früchtetees, stilles Mineralwasser in kleinen Schlucken trinken, mit Salbeitee den Mund spülen,
  • Kaugummi mit zitrischem Geschmack (keine Pfefferminze!) kauen
  • Bonbons lutschen
  • Gemüse knabbern, Kirschen oder Olivenkerne lutschen
  • Aniskörner oder Gewürznelken kauen
  • Mundhygiene – Zunge bürsten
  • Künstlicher Speichel (Produkte: Oralube, Siccasan, Artisial) diese Produkte wirken salzartig und hinterlassen einen sandigen Geschmack im Mund
  • Zungenyoga aktiviert die Speicheldrüsen und lässt sich am besten mit Zungenkreisen beschreiben

Übelkeit, Erbrechen:

Können mit der Dosierung des Medikaments zu tun haben. In manchen Fällen ist auch eine spezifische Medikation erforderlich. Essen in mehreren kleinen Portionen über den Tag verteilt zu sich nehmen kann für die Betroffenen hilfreich sein.

Verstopfung (Obstipation):

Verstopfung ist ein häufiges Problem bei Parkinson, das der Krankheit bereits um Jahre voraus gehen kann. 3 von 4 Betroffenen leiden darunter. Die Auslöser sind vielseitig. Einerseits kommt es durch die Krankheit zu einer Verlangsamung der Darmtätigkeit, auch eine Störung im Bereich des Beckenbodens ist möglich sowie Störungen beim Anspannen und Entspannen während des Entleerungsvorgangs können vorhanden sein.

Welche Ernährungsmaßnahmen sind empfehlenswert?

  • Erhöhte Zufuhr von Ballaststoffen (Einsatz von löslichen Ballaststoffen wie Resource- Optifibre, Flohsamen, geschroteter Leinsamen, Müsli, Trockenfrüchte in Wasser eingeweicht, Sauerkrautsaft, lauwarmes Wasser)
  • Erhöhung der Flüssigkeitszufuhr (jedoch kein Schwarztee, kein Rotwein, keine kohlensäurehaltigen Getränke!)
  • Vermeidung von Lebensmitteln, die eine stopfende Wirkung haben (wie Schokolade, Weißmehl und daraus hergestellte Produkte, Reis …)
  • Erhöhung der körperlichen Aktivität

 Gewichtsverlust:

Die Ursache liegt meist in den angeführten Ernährungsproblemen, aber auch an dem deutlich erhöhten Energiebedarf bei Rigor und Tremor-PatientInnen. Sollte dies der Fall sein, dann sollten sie dem rechtzeitig entgegenwirken indem sie die Nahrung anreichern.

Möglichkeiten:

  • Eindicken von Gemüsespeisen
  • Pflanzenöle
  • Obers
  • Fruchtsäfte unverdünnt trinken
  • Maltodextrin aus der Apotheke
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