Angst und Panikattacken

Vortrag von Dr. Karin Kalteis, Gesundheitspsychologin und Psychotherapeutin, Wien

Angststörungen gehören zu den häufigen Begleiterkrankungen bei Morbus Parkinson, aber es gibt wohl kaum jemanden, auch unter den Nichtbetroffenen, der das Gefühl Angst nicht aus eigener Erfahrung kennt. Jeder hat vor etwas Anderem Angst und die eigenen Ängste sind für andere Menschen oft nicht nachvollziehbar. Seit es Menschen gibt, kennen sie die Angst, die einst ein wichtiger Warnmechanismus vor den damals üblichen Gefahren war und ihren Muskeln, durch die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol, zusätzliche Kraft und Schnelligkeit zum Flüchten vor wilden Tieren gab.

Frau Dr. Kalteis führt an, dass Sie einen Überblick über häufige Ängste und Angststörungen geben wird. Auf spezifische Probleme bei Parkinson wird in der Diskussion je nach Bedarf eingegangen.

Allgemein unterscheidet man zwischen Furcht und Angst.

Furcht empfindet man einer realen Bedrohung gegenüber. Sie kann auch hilfreich sein, weil sie zur Aktivierung von Leistungssteigerungsmechanismen führen kann (z.B. in einer Prüfungssituation). Manche Menschen reagieren negativ auf Stress, andere vollbringen erst unter Stress Höchstleistungen. Angst kann sowohl gesund als auch ungesund sein, das hängt mit ihrer Häufigkeit und ihrer Stärke zusammen. Etwa 20% der Bevölkerung leiden unter Angststörungen, wobei Frauen doppelt so häufig betroffen sind als Männer.  Bei Parkinson-PatientInnen erhöht sich dieser Wert auf 30 – 40%, wobei die Häufigkeit in den OFF-Phasen verstärkt ist.

Angstauslöser:

Sie können sowohl von einer realen Gefahr oder Bedrohung ausgehen, als auch etwas mit unserem Selbstbild oder unserer Selbstachtung zu tun haben (z.B. Sprechen vor Publikum, Stottern Mundtrockenheit, den Faden verlieren, etc.). Manche Kinder können Angst vor der Dunkelheit haben und nur bei schwacher Beleuchtung einschlafen. Junge Erwachsene leiden öfter unter Panikanfällen und generalisierten Angststörungen.

Weitere häufige Ängste sind:

  • Angst vor bestimmten sozialen Situationen, wie eine Rede halten
  • Angst vor Prüfungen
  • Angst vor bestimmten Tieren (z.B. Schlangen, Spinnen)
  • Flugangst
  • Höhenangst
  • Angst vor dem Alleinsein oder der Einsamkeit
  • Angst vor Hilfsbedürftigkeit oder Pflegebedürftigkeit

Letztlich ist es auch eine Persönlichkeitsfrage, wer eher mutig oder eher vorsichtig durchs Leben geht. Zum Teil kann auch die Vorbildwirkung eines, damals als wichtig empfundenen Erwachsenen, aus der Kindheit  mit übernommen und nachgeahmt worden sein.

Angst kann leicht zu Vermeidungssituationen führen, wodurch jedoch, wenn man ihnen nachgibt, sowohl die Angst als auch die Isolation weiter verstärkt werden. Wenn der Partner dann, als Sympathiebeweis, gleichfalls auf bestimmte Situationen verzichtet, können dadurch letztlich beide Partner unglücklich und unzufrieden werden. Es ist daher sinnvoll, sich seiner Angst zu stellen. Man kann eine persönliche Liste angstauslösender Themen erstellen, die man bearbeiten möchte und versuchen, die Ängste durch positive Erfahrungen der Bewältigung zu ersetzen. Mit den am wenigsten belastenden Punkten beginnen und langsam steigern. Persönlichkeitsabhängig kann auch eine „radikale“ Lösung, sich direkt der Angst stellen, die richtige Methode sein (z.B. in eigenen Projekten im Zoo Schlangen/Spinnen anfassen). Empfehlenswert ist es, sich langsam den Ängsten zu stellen und abgestuft zu üben.Wenn man stark unter der Angst leidet, sollte man professionelle Hilfe suchen. Es gibt wissenschaftlich fundierte psychologische Behandlungsmethoden.

Was hilfreich ist:

Das Erlernen von Entspannungstechniken, wie beispielsweise die progressive Muskelentspannung (Anspannen und Entspannen von Muskelgruppen, beginnend vom Kopf bis zu den Füßen) oder das autogenen Training ist im allgemeinen hilfreich. Die Entspannungstechniken sollten gut eingeübt sein, damit man sie bei Bedarf auch erfolgreich einsetzen kann. Auch Musik kann hilfreich sein und der Einsatz von speziellen Entspannungs-CDs. Man kann auch Beruhigungssätze einlernen. Das hilft einem auch seine Gedanken zu kontrollieren und erleichtert das nötige Umdenken. In der Angst neigen wir alle dazu zu „katastrophisieren“. In der Realität verlaufen die Dinge fast nie so schrecklich, wie wir sie uns in unserer Fantasie vorstellen können. Sich stets auf den schlimmsten Fall vorzubereiten, ist also nicht unbedingt hilfreich und verführt uns eher zu einer allgemein negativen Sichtweise und Grundstimmung. Menschen, die die Dinge gelassen an sich herankommen lassen und dann angemessen darauf reagieren können, haben es leichter.

Von generalisierten Angststörungen spricht man, wenn Menschen unter anhaltender Angst leben. Meist handelt es sich um Befürchtungen und Sorgen, was alles was passieren könnte (sie selbst, aber auch Angehörige, Freunde, oder die Umwelt betreffend etc.). Ängste, die meist unbegründet sind, aber trotzdem den Betroffenen stark beschäftigen. Diese übermäßigen Sorgen belasten die Betroffenen im täglichen Leben sehr. Sie stehen immer unter Anspannung. Das Verhalten kann sich sich auch negativ auf ihr Schlafverhalten auswirken („die Gedanke kreisen wie ein Mühlstein im Kopf“).

Panikstörungen sind Angstattacken, die plötzlich ohne erklärbaren Grund auftreten und mit starken körperlichen Symptomen, wie Herzrasen, Engegefühl in der Brust, Zittern, …. einhergehen. Sie dauern bis zu 15 Minuten und können bei den Betroffenen Todesangst auslösen. Bedingt durch das auftretende Herzrasen vermuten Betroffene meist, gerade einen Herzanfall zu erleiden und begeben sich zum Arzt, oder verständigen sogar den Notarzt. Eine medizinische Abklärung ist in jedem Fall zu empfehlen. Viele Betroffenen haben Angst, dass sich Panikattacken wiederholen. Auch hier kommt es häufig zu einem Vermeidungsverhalten und zum Rückzug aus bestimmten Situationen. Schon kleinste Anzeichen einer körperlicher Empfindungen werden überbewertet. Bei einer Panikattacke kann es auf der körperlicher Ebene zu Atemnot, Herzrasen und Schweißausbrüchen, Zittern, … kommen. Auf der psychischen Ebene kommt es zu Unruhe, Angespanntheit. Viele Betroffenen fühlen sich hilflos und erleben einen Verlust der Kontrolle. Sie haben das Gefühl, der Panikattacke ohnmächtig ausgeliefert zu sein sowie einer geringen Belastbarkeit. Langfristige körperliche und seelische Überforderung und Belastung kann möglicherweise zu Panikstörungen führen.

Zur Behandlung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Neben medikamentöser Behandlung ist die klinisch-psychologische oder psychotherapeutische Behandlung wirksam. Häufig kann die Panikstörung in 10 – 20 Sitzungen behandelt werden. Aktive Mitarbeit ist bei der klinisch-psychologischen oder psychotherapeutischen Behandlung das Wichtigste! Es gibt wirksame Methoden, die helfen, die Ängste besser zu bewältigen und zu vermindern.

Parkinson-Patienten sollten beim behandelnden Facharzt für Neurologie ihre Ängste ansprechen, da auch die Medikation die psychische Befindlichkeit beeinflussen kann. Auch bei Fragen der medikamentösen Angstbehandlung sollte der behandelnde Facharzt der erste Ansprechpartner sein.

PsychologInnen und PsychotherapeutInnen finden Sie in Ihrer Nähe unter:

www.psychnet.at oder www.psychologen.at

Für Psychotherapie bei freier Wahl der Psychotherapeutin kann bei der Krankenkasse um einen Kostenzuschuss angesucht werden.

Für Psychotherapie gibt es Kassenplätze:

Anfragen sind beispielsweise beim Verein für ambulante Psychotherapie möglich, Tel. Nr. 01/4025696. Manchmal kann es zu Wartezeiten kommen.

Dr. Karin Kalteis, Klinische Psychologin und Psychotherapeutin, 1080 Wien, Blindengasse 52/2,   Tel.Nr. 0664 – 355 42 02, E-Mail: dr.kalteis@gesundheitspsychologin.at

Web: www.gesundheitspsychologin.at

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